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Das immer schneller werdende Tempo der Digitalisierung schlägt längst auch auf den Channel durch. Unter anderem schafft die digitale Transformation einen nie dagewesenen Bedarf an kompetenten Beratungsleistungen. Wo aktuell die grössten Herausforderungen für den Channel am grössten sind und wohin die Trends gehen erläutern Marco Marazzi (Senior Account Manager von Netcloud), Anatol Studler (CTO und Director Datacenter Solutions bei Itris Enterprise), Patrick Schilt (Chief Marketing & Sales Officer bei BNC) sowie Andreas Schneebeli (Geschäftsführer von Agiba). Bei allen vier Unternehmen handelt es sich um Schweizer Channel-Partner der auf Datenspeicherung und Datenmanagement fokussierten Netapp.

Aus welchem Grund denken Ihre Kunden über neue IT-Lösungen nach? Mit welchen Anfragen kommen sie zu Ihnen?

Anatol Studler, Itris: Der Grund dafür ist meistens der Lebenszyklus der Systeme: Eine Infrastruktur muss erneuert werden, weil sie in die Jahre gekommen ist. Dies ist auch eine Folge der Digitalisierung, da immer mehr Prozesse digital abgebildet werden sollen. Daraus ergeben sich vor allem im Speicherumfeld viel höhere Anforderungen im Hinblick auf Kapazität und Leistung. Ebenfalls stark mit dem Prozess der Digitalisierung verbunden sind neue Anforderungen im Applikationsumfeld, darunter die Devops-Modelle und die agile Entwicklung. Ausserdem ist bei vielen Kunden die Erneuerung der Netzwerke ein Thema. Wo im klassischen Serverumfeld in der Vergangenheit noch vorwiegend 1 GBit-Bandbreiten verwendet wurden, wechselt man jetzt auf 10 oder 100 GBit schnelle Infrastrukturen; seit kurzem ist sogar schon die Rede von 400 GBit.

Patrick Schilt, BNC: Die Anfragen der Kunden, die ihre Systeme erneuern müssen, sind sehr vielfältig. Meist legen sie jedoch besonderen Wert auf Einfachheit – weil die Kunden weder über das benötigte Know-how verfügen noch Zeit haben, um selbst eine klassische Infrastruktur zu betreiben. Die neue Lösung sollte daher weniger komplex und meist auch günstiger sein als die bisherige. Wenn sich Kosten einsparen lassen, sind die Kunden auch bereit, ihre Ansprüche herunterzuschrauben. Das IT-Budget wird heute nämlich weniger im klassischen Hardwarebereich und bei der Infrastruktursoftware gebraucht, sondern anderswo eingesetzt, zum Beispiel im Bereich Applikations-Eigenentwicklungen und Softwareinnovationen. Gleichzeitig erwarten die Kunden tendenziell höhere Datensicherheit, Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit. In den letzten vierundzwanzig Monaten hat uns das Thema Ransomware besonders beschäftigt.

Marco Marazzi, Netcloud: Die Cloud ist ein grosses Thema bei allen Kunden und dazugehörend auch Datenmanagement sowie Storage. Doch jeder assoziiert etwas anderes mit der Cloud: Die einen sprechen von Managed Services und wollen nichts mehr mit Infrastruktur zu tun haben. Andere meinen die Cloud-Services von Hyperscalern wie Amazon oder Microsoft. Manche IT-Abteilungen haben vom Management die Strategievorgabe erhalten, alles in die Cloud zu verlagern, also „cloud first“, andere wollen nur einzelne Services aus der Cloud beziehen. Die IT hat dann den Auftrag, dies alles irgendwie unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig die Kontrolle zu behalten und die Sicherheit zu gewährleisten.

Wie ist denn die Vorgehensweise, wenn der Kunde merkt, dass etwas erneuert werden muss?

Anatol Studler, Itris: Wir machen zunächst eine Bestandsaufnahme. Was sind seine Probleme und Anforderungen? Dazu haben wir einen grossen Katalog mit rund hundert Fragen, die wir dem Kunden stellen. Bei Kunden mit einer gewissen Grösse, die wir im laufenden Betrieb betreuen, wissen wir natürlich schon vorab, welche Probleme die aktuelle Infrastruktur bereitet und welche Schritte als Nächstes anstehen. In solchen Fällen gehen wir aktiv auf den Kunden zu und warten nicht, bis er uns anruft.

Marco Marazzi, Netcloud: Kunden, die in die Cloud wollen, unterstützen wir in einem ersten Schritt mit einem Cloud Assessment – also einem Workshop, den wir mit den relevanten Personen durchführen, um zu verstehen, warum ein Kunde in die Cloud möchte. In der Regel handelt es sich dabei um zwei bis drei halbe Tage Aufwand. Im nächsten Schritt führen wir eine Reifegradanalyse durch. Dabei geht es um die Frage, wie weit der Kunde den Service-Gedanken und die Möglichkeiten der Cloud bereits assimiliert hat. Dabei gilt es eine logische, eine organisatorische und eine rechtliche Ebene zu berücksichtigen. Um Services aus der Cloud beziehen zu können, muss vorab geklärt sein, welche Daten rein rechtlich in die Cloud verschoben werden dürfen und welche nicht. Häufig besteht eine Kluft zwischen dem Ist-Zustand und dem geplanten Zustand.

Welche Rolle spielt in diesem frühen Stadium die Herstellerfrage?

Marco Marazzi, Netcloud: Die Workshops sind herstellerunabhängig. Erst wenn es um die Realisation einer Lösung geht, und wir erkennen, dass es eine Kluft gibt zwischen dem Ort, wo sich der Kunde befindet, und wo er hinwill, versuchen wir diese mit entsprechenden Lösungen zu überbrücken. Dabei hilft uns dann das Lösungsportfolio der Hersteller. Wir fokussieren uns zunächst auf Massnahmen, die mit kleinem Aufwand eine grosse Wirkung erzielen. Danach erst folgen umfassendere Massnahmen, deren Umsetzung naturgemäss länger dauert. Das kann zum Beispiel ein organisatorischer oder ein technologischer Umbau sein.

Anatol Studler, Itris: Aus unserer Erfahrung ziehen die Kunden einen herstellerunabhängigen Berater vor. Gleichzeitig wollen sie aber auch den besten Partner jenes Herstellers haben, den er letztlich auswählt. Der Kunde muss sich also entscheiden: Entweder er erhält eine neutrale Beratung mit einem breiten Portfolio oder eine Beratung vom besten Partner des Herstellers X – der dann natürlich nicht neutral ist. Wir betreiben ein Innovation-Lab mit den Produkten fast aller Hersteller in unserem Portfolio, wo wir jeweils zwei, drei Lösungsvorschläge präsentieren. Dabei geht es heute eigentlich immer um Kombinationen aus On-premises- und Cloudlösungen. Aus den verschiedensten Gründen kann es sein, dass ein Kunde einen Lösungsweg nicht mag. Meistens hat der Kunde emotionale Beziehungen zu bestimmten Herstellern, Marken, Produkten oder Architekturen. Das gilt insbesondere für IT-Engineers, die bestimmte Marken oder Produkte besonders gut kennen. Deswegen ist es erforderlich, dass wir eine gute Alternative parat haben.

Welche Trends sehen Sie aktuell in der Umsetzung? Wie sieht es mit den IT-Architekturen aus? Gibt es da bestimmte Empfehlungen Ihrerseits?

Anatol Studler, Itris: Ein starker Trend ist sicher Flash. Neu ist diese Technologie nicht, aber sie ist heute bezahlbar. Die Kunden sehen Vorteile im Leistungszuwachs: Prozesse werden schneller verarbeitet, weil die Antwortzeiten vom Disk Array schneller sind.

Patrick Schilt, BNC: All-Flash ist die bevorzugte Wahl in der Umsetzung heutzutage, wenn es um Tier-1-Daten geht, also um Primärdaten, mit denen aktiv gearbeitet wird. Archivdaten, die sogenannten kalten Daten, Backups und Datenfriedhöfe, werden nach wie vor auf magnetischen Disks gespeichert.

Marco Marazzi, Netcloud: Ich würde sagen, bei drei Viertel der Projekte werden heute All-Flash-Lösungen implementiert. Das ist ein klarer Trend. Dadurch entfällt die Komplexität, verschiedene Silos mit einem Flash-Pool einerseits und langsamen Disks andererseits zu haben. In dem Fall sind die Daten nie dort, wo man sie braucht. Das ist bei All-Flash hinfällig. Potenzial sehen wir noch im Object-Storage-Bereich. Meist geht es um ganz grosse, oft unstrukturierte Datenmengen, zum Beispiel um Bilddaten im Healthcare-Umfeld. Die müssen irgendwo gespeichert und archiviert werden – und da ist Object-Storage ein Riesenthema. Es gibt heute schon einige konkrete Projekt, und neu Anfragen treffen laufend ein.

Andreas Schneebeli, Agiba: Wir haben durchaus Kunden, die sagen, All-Flash ist im Moment noch zu teuer. Die nehmen lieber eine hybride Lösung und kombinieren herkömmliche Harddisks mit SSD. So erhalten sie die beste Performance zum besten Preis. Je grösser der Betrieb ist, desto wahrscheinlicher ist eine All-Flash-Lösung. Das Backup System ist allerdings meistens noch mit Harddisks bestückt, weil man dort nicht die Performance braucht. Viele Kunden fragen aber nach Cloud-Lösungen, auch wenn sie aufgrund der Preise und der Intransparenz der Angebote noch nicht wirklich bereit zu diesem Schritt sind. Mit All-Flash-Lösungen, die "cloud-ready" sind, können sie sich bereits auf den Schritt in die Cloud vorbereiten.

Wie steht es um andere Technologien wie Container oder Hyperconverged?

Patrick Schilt, BNC: Hyperconverged ist natürlich ein Marketingbegriff, ein Schlagwort, das noch dazu im Gartner Hype-Cycle zurzeit ganz oben steht. Dahinter verbirgt sich vor allem das Bedürfnis nach Einfachheit und Reduktion der Komplexität. Hyperconverged verspricht dieses Bedürfnis zu befriedigen: Es ist einfacher, schneller und skalierbar. Eingesetzt wird es nur punktuell. Das Gleiche kann man von Containern sagen. Meistens werden sie applikationsspezifisch eingesetzt, beziehungsweise bei Software-Anbietern, die dies so vorgeben. Die Nachfrage kommt im Wesentlichen aus der Entwicklerecke.

Anatol Studler, Itris: Die monolithischen Ansätze der Vergangenheit, beispielsweise der grossen ERP-Systeme, mit ihrer mangelhaften Skalierbarkeit sind eine Herausforderung. Zurzeit findet ein tiefgreifender Wechsel in Richtung auf Microservice-Architekturen statt, bei denen man flexibel einzelne Module einer Applikation austauschen und updaten kann und nicht den ganzen Monolithen in einen Release-Zyklus überführen muss. Das Deployment ist mit Containern viel einfacher und effizienter.

Gibt es einen Trend zum Einsatz von Hyperscalern?

Patrick Schilt, BNC: Einen allgemeinen Trend kann ich nicht erkennen. Es gibt sicher einen Trend, gewisse Use-Cases mit den Cloud-Lösungen der Hyperscaler abzudecken. Exchange-, Telefonie- und Webapplikationen werden in die Cloud verlagert, SAP hingegen bleibt im eigenen Rechenzentrum. Wenn ein Kunde sein ERP-System im eigenen Rechenzentrum betreibt, liegen die Backupdaten üblicherweise auch dort. Nur vereinzelt legen Kunden eine zweite Sicherungskopie bei einem Cloud-Anbieter ab. Solche Lösungen können auf die Dauer jedoch recht teuer werden. Man kann also sagen, dass die Nachfrage nach Hybridlösungen steigt.

Andreas Schneebeli, Agiba: Da wir sowohl Service-Provider wie auch Systemintegrator sind, können wir Vergleiche zwischen Cloud- und On-premises-Lösungen anstellen und den Kunden beide Möglichkeiten anbieten. Dabei haben wir festgestellt, dass die Preise der grossen Hyperscaler zum Teil viel höher liegen als die für On-premises-Lösungen. Viele Kunden in der Schweiz kalkulieren die Kosten einer neuen IT-Lösung für die nächsten fünf Jahre. Über einen solchen Zeitraum gerechnet, sind Cloud-Lösungen keineswegs günstiger. Deswegen haben wir auch die meisten Infrastrukturprojekte dieses Jahr on-premises realisiert.

Wo genau entstehen die Kosten bei Cloud-Lösungen?

Andreas Schneebeli, Agiba: Die Preispolitik unterscheidet sich von Hyperscaler zu Hyperscaler. Wir haben für einen Kunden mit rund 200 Mitarbeitern ein Szenario kalkuliert. Der Plan war, das Backup-System zu einem Hyperscaler zu verlagern. Dies hätte aber rund 40'000 Franken im Jahr gekostet. Für diesen Preis kann sich der Kunde eine eigene Infrastruktur aufbauen und diese innerhalb eines Jahres amortisieren. Standarddienste sind in der Cloud günstig zu haben, aber sobald spezielle Wünsche wie beispielsweise eine Terminal-Server-Lösung vorliegen, wird das sehr teuer. Die Cloud ist geeignet, wenn es um Entwicklungsdaten geht, zum Beispiel Devops, weil die Entwickler möglicherweise sehr schnell sehr viel Rechenleistung benötigen. Dafür sind Amazon oder Azure perfekt. Und auch mit Entwicklungsprojekten im Bereich künstliche Intelligenz lohnt es sich, zu einem Hyperscaler zu gehen. Aber Vorsicht vor dem lock-in: Wenn der Wechsel zum Hyperscaler erst einmal erfolgt ist, fällt es nicht mehr so leicht, sich wieder zurückzuziehen, da die Hardware dann ja weg ist. Ein weiteres Problem der Hyperscaler ist, dass die Kunden keinen direkten Ansprechpartner haben. Versuchen Sie einmal, bei Azure anzurufen, wenn Sie ein Problem haben!

Welche Alternativen zu den Hyperscalern bieten sich an? Welche Umsetzungsmodelle sehen Sie im Augenblick häufiger?

Anatol Studler, Itris: Oft kommt es vor, dass der Kunde eine Lösung beschafft, die er dann durch den Partner betreiben lässt. Dabei handelt es sich um den Managed Service einer Plattform, die entweder im eigenen Rechenzentrum des Kunden läuft oder in einem Cage, den er sich in einem Datacenter angemietet hat. In die Cloud wollen diese Kunden nicht, weil Cloud-Lösungen der Anbieter nicht in der Schweiz betrieben werden oder weil sie standardisiert sind und nicht flexibel genug an ihre Ansprüche angepasst werden können. Im Grunde möchte der Kunde die IT so weiterbetreiben wie bisher. Er will es aber nicht selber machen müssen, weil er weder über ausreichend Ressourcen noch das Know-how für die Vielzahl von Produkten verfügt. Der Systemintegratoren hingegen hat genügend Ressourcen, um das ganze Spektrum abzudecken.

Marco Marazzi, Netcloud: Wir bieten für alle Services in unserem Portfolio Managed Services an – das heisst, dass wir das Ganze für den Kunden betreiben können, egal ob die Infrastruktur inhouse ist oder ob er ein Hosting aus der Cloud bezieht. Die Komplexität bleibt gleich, oder wird in der Cloud sogar schwieriger. Das Konzept des Datenmanagements bleibt dabei das gleiche.

Andreas Schneebeli, Agiba: Eine Auslagerung von Daten zu einem lokalen Systemintegrator, der dann wiederum über Colocation in einem Rechenzentrum in der Nähe verfügt, ist oft sinnvoller und deutlich günstiger. Wir haben unsere eigene Infrastruktur im Datacenter. Unsere Kunden können virtuelle Maschinen in unserem System einbinden und innerhalb von wenigen Minuten bis maximal ein bis zwei Stunden ihre komplette Infrastruktur zu uns spiegeln, zum Beispiel für Disaster-Recovery. Die Kosten bleiben dabei transparent und überschaubar. Der Kunde zahlt nur für laufende GB, mehr nicht. Die Daten können auch wieder zurückgeholt werden, das kostet dann keinen Cent. Wir sehen nur Vorteile bei einem solchen lokalen Ansatz. Das spricht sich inzwischen auch herum, sodass wir gerade in letzter Zeit den einen oder anderen spannenden Kunden gewinnen konnten. Ein weiter Grund, warum die Kunden lieber auf einen lokalen IT-Dienstleister setzen, ist, dass sie damit einen Partner bekommen, dessen Techniker eng und über lange Zeit mit dem eigenen IT-Team zusammenarbeiten. Auch die Zusammenarbeit zwischen unseren Technikern und den Mitarbeitern unserer Lieferanten ist wichtig.

Anatol Studler, Itris: Einige Kunden wollen aber aus Vertraulichkeits- und Sicherheitsgründen ihre eigene Plattform betreiben. Stellen Sie sich vor, Sie sind für den Betrieb des Stromnetzes in der Schweiz verantwortlich. Dann möchten Sie Ihre IT-Infrastruktur verständlicherweise nicht mit anderen Unternehmen teilen. Solche grösseren Kunden hätten gar keinen Vorteil davon, in die Colocation eines Systemintegrators zu ziehen, da ihre Plattform sowieso isoliert sein müsste. Es ginge dann nur noch um Flächen, Wege und Quadratmeterpreise.

Was würden Sie sich mehr vom Kunden wünschen? Haben Sie eine bestimmte Botschaft, die Sie platzieren möchten?

Marco Marazzi, Netcloud: Die IT-Abteilung des Kunden muss zum Service-Broker werden. Seit mehreren Jahren machen wir die IT- Organisationen darauf aufmerksam, dass sie unbedingt relevant bleiben müssen, sonst laufen sie Gefahr, durch die grossen Cloud-Anbieter entbehrlich zu werden. Das Business bezieht die Services dort, wo es einfach und schnell möglich ist. Ein Beispiel: Die HR-Abteilung braucht ein neues Tool, das sie umgehend aus der Cloud beziehen kann; es genügt, eine Kreditkartennummer zu hinterlegen. Will sie etwas Vergleichbares von der internen IT, wird ein Projekt definiert, dessen Realisierung Wochen oder Monate in Anspruch nehmen kann. Solche zunächst kleinen Tools können plötzlich gross werden. Und die IT realisiert oft nicht die Tragweite der Entscheidung – ist dann aber doch verantwortlich, wenn auf Grund eines Sicherheitslecks kritische HR-Daten plötzlich in der Cloud auftauchen. Da haben die IT-Organisationen Nachholbedarf. Die IT müsste viel stärker die Rolle eines Service-Centers übernehmen. Aus unserer Sicht sind die ersten Schritte Automatisierung und Orchestrierung. Als nächstes muss die Organisation entsprechend umgebaut werden. Das heisst, Verantwortlichkeiten beziehen sich nicht mehr auf bestimmte Server, sondern auf bestimmte Services. Wenn die Organisation einmal umgebaut ist, lassen sich Services auch sehr gut aus der Cloud miteinbeziehen.

Anatol Studler, Itris: Die Kunden sind heute oft zu stark auf gewisse Trends fokussiert. Manche legen fest: "Cloud-first ist unsere Strategie." Andere sagen: "Ich mache alles nur noch hyperconverged." Dabei sollte man sich nicht von solchen Hypes anstecken lassen und nie ein Produkt oder eine Technologie als Schlüsselelement einer Strategie definieren. Die Überlegung sollte sein: Wie will ich zukünftig IT betreiben? Erst danach schaut man, welche Technologie passt. Wir hatten etwa eine Ausschreibung für eine Hyperconverged-Infrastruktur, wo wir dem Kunden sagen mussten, dass dies der falsche Ansatz ist. Die Workloads, die auf dieser Plattform laufen sollten, waren dermassen diversifiziert, dass eine stark konvergente, homogenisierte Infrastruktur nicht die gewünschte Leistung liefern konnte.

Patrick Schilt, BNC: Mein Appell lautet: Denken Sie ganzheitlich! Wird ein Projekt von Anfang an ganzheitlich und systematisch angegangen, dauerte die Evaluation nicht länger als vier bis sechs Wochen. Wir erleben allerdings oft ein langes Hin und Her vor dem Projekt, weil sich der Kunde schwertut, Entscheidungen zu treffen. Schliesslich macht oft nicht die beste Lösung das Rennen, weil Voreingenommenheit und persönliche Vorlieben im Weg stehen. Dann soll die neue Lösung so schnell wie möglich laufen, weil ja die Evaluationsphase so viel Zeit benötigt hatte. Schlussendlich ist zu wenig Zeit für die Umsetzung. Dabei sollte es umgekehrt sein: schnelle Entscheidungen, gefolgt von einer sorgfältigen Umsetzung. Es empfiehlt sich deshalb, bei strategischen Entscheiden von vornherein mehrere Leute auf Kundenseite zu involvieren und vielleicht externe Beratung einzuholen. Dann gilt es, zunächst die Ausgangslage und die Ziele ganzheitlich und differenziert zu analysieren. So kann man das Projekt auch professionell und seriös umsetzen.

Was ist in Bezug auf Ihre Partnerschaft mit Netapp entscheidend?

Andreas Schneebeli, Agiba: Für uns entscheidend ist, dass Netapp eine ganzheitliche Datenmanagement-Lösung bietet und nicht einfach nur Storage. Netapp kann als System im primären und sekundären Rechenzentrum laufen, und beides wird übersichtlich auf einem Benutzerinterface angezeigt. Hinzu kommt, dass Netapp sehr viele der Umsysteme einschliesst, die beim Kunden im Einsatz sind, sei es SAP, Exchange, SQL oder Sharepoint. Mit Snapcenter hat der Kunde die volle Kontrolle. Aus unserer Sicht ist Netapp eine eierlegende Wollmilchsau, weil das System alle Kundenwünsche abdeckt. Dabei ist Ontap das zentrale System. Mit Ontap können Backups angelegt und Disaster-Recovery-Szenarien integriert werden. Für den Kunden sehr angenehm, dass solche Features im Preis der Premium-Bundles inklusive sind.

Patrick Schilt, BNC: Schaut man sich die Produkte an, gibt es Pro und Contra. Netapp hat es geschafft, Ontap als das führende Datenmanagement-Betriebssystem zu etablieren. Die Ontap-Entwicklung schätzen wir sehr. Kunden erhalten in regelmässigen Abständen neue Releases mit zusätzlichen Features. Ausserdem hat Netapp in den Cloud-Bereich investiert und Cloud-Produkte lanciert, die wir auch bereits schon erfolgreich verkaufen konnten. Auf der Contra-Seite steht, dass Netapp zum Teil Firmen hinzukauft und ins Portfolio integriert. Als Partner da die Übersicht zu behalten, ist schwer – zumal dann die Produktenamen wechseln oder die Funktionalitäten anderweitig integriert werden.

Marco Marazzi, Netcloud: Als Dienstleister können wir mit den Netapp-Produkten im Portfolio unsere Kunden auf dem Weg in die Cloud umfassend unterstützen. Die Kunden können Netapp-Systeme einerseits on-premises betreiben oder aber auch mit den gleichen Tools die ersten Cloud-Projekte realisieren und so Schritt für Schritt mehr in die Cloud verlagern. Die Management Tools und das GUI bleiben dabei stets gleich.

Wo üben Sie trotz allem Kritik?

Andreas Schneebeli, Agiba: Die Preispolitik von Netapp ist für Partner eine Herausforderung. Einerseits gibt es Expresspacks, die die Projektabwicklung stark vereinfachen. Andererseits gibt es frei konfigurierbare Systeme, wo eng mit dem Netapp-Verkauf gearbeitet werden muss. Dabei sind die Preise jeweils nicht transparent, was uns gelegentlich in Erklärungsnotstand gebracht hat.

Marco Marazzi, Netcloud: Ich glaube, es ist für Netapp sehr schwierig, mit den Preisen konkurrenzfähig zu bleiben, zumal Hersteller aus dem asiatischen Raum in den Markt drängen.

Anatol Studler, Itris: In der Tat treten heute chinesische Unternehmen mit marktunüblichen Preisen im klassischen Datacenter-Bereich auf, was langfristig negative Auswirkungen auf den Schweizer IT-Markt haben könnte. Diese Unternehmen verwenden oft Technologien, die von anderen Anbietern in gemeinsamen Gremien erforscht und entwickelt wurden und zu deren Entstehung sie keinen Beitrag geleistet haben. Innovation bleibt dabei meist aus, denn lediglich günstig zu produzieren und zu verkaufen führt zu keinem technologischen Fortschritt. Es zwingt andere Hersteller lediglich dazu, ihre Investitionen in Forschung ebenfalls zu senken, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine ähnliche Situation gab es vor einiger Zeit auch in der Autoindustrie.

Marco Marazzi (Senior Account Manager von Netcloud)
Marco Marazzi (Senior Account Manager von Netcloud)
Anatol Studler (CTO und Director Datacenter Solutions bei Itris Enterprise)
Anatol Studler (CTO und Director Datacenter Solutions bei Itris Enterprise)
Patrick Schilt (Chief Marketing & Sales Officer bei BNC)
Patrick Schilt (Chief Marketing & Sales Officer bei BNC)
Andreas Schneebeli (Geschäftsführer von Agiba) (Alle Fotos zVg)
Andreas Schneebeli (Geschäftsführer von Agiba) (Alle Fotos: zVg)